Missbrauch mit dem Missbrauch: Nach 15 Jahren kommt die Wahrheit ans Licht
Ein spektakulärer Justizirrtum erschüttert Italien: Nach 15 Jahren voller Beschuldigungen und Gefängnis geben die Söhne eines heute 46-jährigen Mannes zu, ihn fälschlicherweise des sexuellen Missbrauchs an ihnen beschuldigt zu haben. Hinter den damals 9- und 12-jährigen stand ihre Mutter, die den Vater im Rahmen eines Trennungskrieges vernichten wollte und dies unter gütiger Mithilfe der Justiz auch geschafft hat.
Die Richter hatten durchaus erkannt, dass die Anschuldigungen 'im Rahmen der ehelichen Trennung erfolgten, die sich durch eine hohe Konfliktualität zwischen den Eltern sowie einem bitteren Krieg um die Obhut der Kinder auszeichneten', wie sie in ihrem Urteil schrieben. Die zugezogenen medizinischen Gutachter (insgesamt drei an der Zahl) konnten einen Missbrauch nicht mit Sicherheit bestätigen. Als einziger Beweis dienten die Aussagen der beiden Kinder. Auch die Tatsache, dass neben dem Vater weitere sechs Verwandte des Vaters beschuldigt und angeklagt wurden, hat die Richter offenbar nicht weiter verwundert.
Sie sprachen die übrigen Angeklagten frei, den Vater jedoch verurteilten sie zu neun Jahren und zwei Monaten Gefängnis, die dieser bis heute im Hochsicherheitstrakt von Oristano auf Sardinien absitzt.
Die beiden Söhne wurden für den Rest ihrer Jugend von einem Heim in die nächste Erziehungsanstalt herumgeschoben. Bereits 2009 hatte der ältere der beiden bei der Entlassung aus einer dieser Anstalten ein 42-seitiges Papier verfasst, in dem er die Anschuldigungen gegen seinen Vater als Erfindungen bezeichnete. 'Um Papa aus dem Weg zu räumen, hat meine Mutter begonnen, uns mit Lügen abzufüllen; mit Dingen, die nicht wirklich sind und mein Vater nie getan hat und auch nie tun würde', lautet eine Passage aus seinem Schreiben. In jenem Jahr lief der Berufungsprozess gegen den Vater, doch kein Erzieher machte auf dieses Tagebuch des Sohnes und Beschuldiger aufmerksam.
Nun versucht der Anwalt des Mannes einen neuen Anlauf, um dem unschuldig beschuldigten zu seinem Recht zu verhelfen. Er hat beim Berufungsgericht in Rom einen Revisionsantrag eingereicht. 'Dieser spektakuläre Widerruf nach Jahren entspricht einem neuen Beweis und auch das Papier, das wir wieder aufgespürt haben ist ein völlig neues Element', erklärt der Anwalt.