Wechselmodell: Deutschland schliesst zur Schweiz auf
In der Schweiz ist eine solches Betreuungsmodell erlaubt und muss nach neuem Gesetz auf Antrag des Kindes oder eines Elternteils vom Gericht auch in Betracht gezogen werden. In Deutschland meinte ein Gericht kürzlich, das sei nicht erlaubt, und wurde nun vom dortigen Bundesgerichtshof (BGH) zurückgepfiffen.
Was im neuen Schweizer Unterhaltsrecht die alternierende Obhut ist wird im deutschen Recht als Wechselmodell bezeichnet. Die beiden Begriffe sind gleichwertig und meinen genau das selbe. Weitere Begriffe dafür sind: Doppelresidenz, paritätische Betreuung, paritätisches Wechselmodell, geteilte Obhut. Wenn es schon Obhut sein muss, verwende ich lieber den Begriff gemeinsame Obhut.
In der Schweiz ist eine solches Betreuungsmodell erlaubt und muss nach neuem Gesetz auf Antrag des Kindes oder eines Elternteils vom Gericht auch in Betracht gezogen werden. Wie uns eines unserer Mitglieder darauf hingewiesen hat, ist das nun in Deutschland auch so. Dort meinte ein Gericht kürzlich, das sei nicht erlaubt, und wurde nun vom Bundesgerichtshof (BGH) zurückgepfiffen (siehe Erläuterung dieses Beschlusses des BGHs durch diesen selbst in der Beilage).
Wenn das Betreuungsmodell unter Eltern strittig ist, so kann ein Wechselmodell in beiden Ländern vom Gericht aber nur verfügt werden, sofern das Kindeswohl dadurch nicht beeinträchtigt wird. Im Gegensatz dazu wurde eine Beeinträchtigung des Kindeswohls durch eine konventionelle Betreuungsaufteilung paradoxerweise von Gerichten beider Ländern bisher nie in Frage gestellt. Genau so wenig, wenn Eltern ihr Betreuungsmodell (welches auch immer) im Konsens leben.
Was das in der Schweiz konkret heisst, hat das Bundesgericht entschieden: Dazu auch der den Artikel in der neuen ent!scheidung, die in Kürze im Briefkasten unserer Mitglieder landen wird. Der deutsche BGH sagt im beiliegenden Beschluss, dass das Wechselmodell bei zerstrittenen Eltern nicht dem Kindeswohl diene. Weitere Hindernisse für das Wechselmodell werden sich in beiden Ländern auf Grund der Gerichtspraxen ergeben.
Damit hat Deutschland (in diesem Punkt) zur Schweiz aufgeschlossen, mindestens was die Gesetzeslage betrifft. Wie sich das neue Betreuungsmodell in der Praxis in beiden Ländern durchsetzen wird, ist eine andere Frage.
Prof. Hildegund Sünderhauf definiert Wechselmodell als Kinderbetreuung durch getrennt lebende Eltern, bei der
- die Kinder bei beiden Eltern zuhause sind, wobei Kinder bei beiden Eltern übernachten und bei beiden Alltag und Freizeit erleben,
- beide Eltern gleichberechtigt Erziehungsverantwortung ausüben und
- die Zeitaufteilung zwischen Mutter und Vater im Regelfall mindestens > 30:70 % beträgt.
Im Buch Wechselmodell (Springer Verlag 2013 ISBN 978-3-531-18340-4) kommt Sünderhauf nach einer systematischen Auswertung vieler weltweiter Studien zu folgendem Schluss:
Das beste Betreuungsmodell für Kinder getrennt lebender Eltern ist ein gut funktionierendes Wechselmodell.
Wenn Eltern streiten und ihre Kinder als Streitobjekte benutzen, so ist das natürlich für ihre Kinder nicht gut. Das ist aber so, unabhängig vom gewählten Betreuungsmodell.
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