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Bundesgericht hebelt Pensionsalter aus

In einem Aufsehen erregenden Urteil hat das Bundesgericht einen neuen Coup gelandet: Neu sind nun Väter verpflichtet, über das Erreichen des AHV-Alters zu arbeiten, um Unterhalt zu zahlen. Im Gegensatz dazu dürfen sich bei einer Scheidung nicht arbeitstätige Frauen mit 50 Jahren in die Hängematte legen. Gleichstellung auf Lausanner Art...

Der berüchtigte SVP-Richter Nicolas von Werdt hat wieder einmal zugeschlagen und uns einmal mehr sein aus dem 19. Jahrhundert stammendes Welt- und Familienbild aufs Auge gedrückt. Ein mit Datum vom 22. Februar 2017 gefälltes Urteil (5A_806/2016) ist nicht nur eine sexistische Aburteilung eines Vaters, der mit dem Erreichen des Pensionsalters auf eine Reduktion der Unterhaltsbeiträge gehofft hatte. Der Mann - von Beruf Rechtsanwalt - hatte im Alter von 68 Jahren seine berufliche Tätigkeit einstellen wollen.

Doch die Vorinstanz, das St. Galler Kantonsgericht, hat ihm dies verweigert und ihm ein hypothetisches Einkommen von CHF 1'000 monatlich angerechnet. Dieses Gericht hat sich nicht darum geschert, dass der wichtigste Klient des Mannes verstorben war und er deshalb einen Einkommenseinbruch erlitten hat. Das gleiche Gericht interessiert sich auch nicht für den Gesundheitszustand des Mannes, den es pauschalerweise als 'gut' bezeichnet und anderslautende Angaben des Beschwerdeführers unter den Tisch fallen lässt. Er habe bei der Klageeinreichung im Jahr 2014 keine Belege für eine gesundheitliche Behinderung eingegeben, und drei Jahre später sei eine Veränderung aufgrund des Verbotes des Vorbringens neuer Fakten rechtlich gesehen irrelevant. Dem Mann werden nun bis ans Ende seiner Tage CHF 1'000 Einkommen angerechnet, die verdienen muss, bis er tot vom Bürostuhl fällt. Ein allfälliges Unvermögen durch einen sich verschlechternden Gesundheitszustand muss er in der Form einer Abänderungsklage geltend machen.

Das Bundesgericht schützt nun dieses Urteil vollumfänglich und bezeichnet den Beschwerdeführer mit nur wenig verklausulierten Worten als arbeitsfaulen Querulanten, der - obwohl Anwalt - nicht einmal die grundlegenden Gebräuche der Zivilprozessordnung kenne. 

Für dieses Urteil lässt sich nur ein adäquater Begriff finden: obszön. Ein 68-jähriger Mann mit offenbar angeschlagener Gesundheit wird mit juristischen Tricks gezwungen, einer Arbeit nachzugehen, obwohl er das Pensionsalter schon lang überschritten hat. Gleichzeitig können geschiedene Frauen, wenn sie schon während der Ehe Erwerbsarbeit nur vom Hörensagen kennen, sich am dem 50. Lebensjahr auf eine lebenslange Rente von ihrem Ex freuen. So funktioniert die Gleichstellung im Bundesgericht.

Dieses Urteil wird jedoch ungeahnte Folgen für den Sozialstaat haben: Wenn es gemäss Gerichten in Ordnung ist, dass ein im Pensionsalter Stehender durch faktische Zwangsarbeit für andere sorgen kann, dann lässt sich die Frage nicht vermeiden, weshalb bedürftige Pensionierte nicht auch für sich selbst sorgen müssen. Sie könnten also mit gutem Recht dazu gezwungen werden, anstatt mit Sozialleistungen durch Erwerbsarbeit ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Damit wird in einem ersten Schritt den Ergänzungsleistungen die Rechtfertigung weitestgehend entzogen - weshalb soll der Staat zahlen, wenn der Bedürftige ja noch arbeiten kann? Im zweiten Schritt wird es dann auch der AHV an den Kragen gehen, wenn sich die Illusion, es handle sich dabei um eine 'Versicherung', auf die man Anspruch habe, in Luft auflösen wird.

Wenn man die schweizerische Politik kennt, weiss man, dass dies weder für Rechten (die ja sowieso den Sozialstaat abbauen wollen) noch für die Linken wirklich ein Problem ist. Auch letztere freuen sich, denn es ist klar, dass es für die vielen Alten natürlich keine freien Arbeitsplätze geben wird und deshalb ihre Hauptklientel, die Behörden-Apparatschniks, analog zur Sozialhilfe viele neue sinnleere staatliche Zwangsarbeitsplätze aufbauen darf.

Freude herrscht!